Frischer Wind für Senioren in Wedel
Wie können ältere Menschen in Wedel besser erreicht werden? Welche Angebote sind ihnen wichtig und wo gibt es noch Versorgungslücken? Mit diesen Fragen beschäftigten sich fünf Studierende der Fachhochschule Wedel im Sommersemester 2025. Ihr Projekt: ein Konzept zur Weiterentwicklung der Arbeit des Seniorenbeirats.
Der Auftrag kam direkt vom Seniorenbeirat Wedel. Im Rahmen des Moduls „BWL-Projekt“ setzten die Studierenden unter Betreuung von Prof. Gunnar Harms die Untersuchung um. Begleitet wurden sie von den Beiratsmitgliedern Helmut Steinke und Wolfgang Meyer-Lomberg.
Ein differenziertes Bild der Generation 60+
Die Untersuchung zeigt ein klares Bild: In Wedel gibt es eine aktive, überwiegend selbstständige Generation 60+, die im Alltag sehr mobil ist. Viele legen ihre Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, der ÖPNV spielt dagegen kaum eine Rolle. Das Auto bleibt vor allem bei den Jüngeren ein wichtiges Mittel der Flexibilität, verliert mit dem Ruhestand aber an Bedeutung. „Das spricht dafür, Angebote wohnortnah und mit kurzen Wegen zu planen - gleichzeitig sind viele bereit, für Veranstaltungen mit echtem Mehrwert auch längere Anfahrten in Kauf zu nehmen“, erläutert das Projektteam.
Die Stichprobe von 60 Befragten deckte alle Altersgruppen zwischen 60 und 80 Jahren ab. So konnte eine differenzierte Auswertung erfolgen.
Besonders deutlich wurde, dass sich viele Menschen zwischen 60 und 69 Jahren gar nicht als „Senioren“ verstehen. Der Begriff ist für sie eher mit höherem Alter und Unterstützungsbedarf verbunden, während sie sich selbst als aktiv, mobil und häufig noch berufstätig oder ehrenamtlich engagiert sehen. Da der Projektauftrag dennoch die Zielgruppe ab 60 definierte, empfehlen die Studierenden, in der Ansprache neutrale Bezeichnungen wie „60plus in Wedel“ oder „Aktiv ab 60“ zu verwenden, um Barrieren abzubauen.
Bedürfnisse und Informationslücken
Die Ergebnisse zeigen ein doppeltes Muster: Einerseits besteht großer Wunsch nach Bewegung, Geselligkeit und sinnstiftenden Aktivitäten, andererseits fehlt vielen die Orientierung über bestehende Angebote. Besonders positiv wurde die Idee eines regelmäßig erscheinenden Newsletters bewertet, der Informationen kurz, verständlich und alltagsnah zusammenfasst.
Bei der Techniknutzung zeigte sich: Eine individuelle Beratung zu Hause stößt auf geringe Nachfrage. Stattdessen bevorzugen viele Gruppenkurse oder offene Digitalsprechstunden - Formate, die Lernen und soziale Begegnung kombinieren.
Deutlich wurde auch: Die Bekanntheit des Seniorenbeirats ist zu niedrig. Fehlende Informationen sind der häufigste Grund, warum Angebote nicht genutzt werden. Rückmeldungen zur Website und zum Informationszugang machen außerdem Verbesserungsbedarf bei Auffindbarkeit, Ansprache und Verständlichkeit deutlich.
„Die Vorschläge helfen uns, gezielter auf die unterschiedlichen Bedürfnisse älterer Menschen in Wedel einzugehen“, sagt Beiratsmitglied Helmut Steinke. „Wir möchten zentrale Empfehlungen in unsere Arbeit aufnehmen.“
Ein Blick auf andere Seniorenbeiräte in der Region zeigt: Viele binden ihre Zielgruppen erfolgreich über regelmäßige, niedrigschwellige Präsenzformate wie offene Sprechstunden, Internetcafés oder wiederkehrende Bewegungs- und Kulturangebote. In Wedel fehlt bislang eine solche kontinuierliche und sichtbare Präsenz. Hier setzt das Konzept der Studierenden an.
Handlungsempfehlungen
Konkret schlagen die Studierenden vor:
Newsletter als Leitmedium: kurz, verständlich, beworben an Orten mit hoher Frequenz (Wochenmarkt, Bahnhofstraße, Apotheken, Vereine, Stadtteiltreffs). Feste Sprechstunden: als verlässlicher Anlaufpunkt. Überarbeitete Webseite: leicht navigierbar, mit klaren Kontaktwegen und Online-Anmeldungen. Regelmäßige Formate: etwa Spaziergänge, offene Digitalsprechstunden, wiederkehrende Kultur- und Begegnungsangebote. Stärkere Kooperationen: mit Sportvereinen, Bibliotheken, AWO/DRK, Kirchengemeinden oder Ärzten. Klarere Markenführung: ein konsistentes Erscheinungsbild über Flyer, Website, Newsletter und Vor-Ort-Materialien; ergänzend eine einfache Alternativbezeichnung wie „60plus Wedel“. Monitoring: mit Kennzahlen zu Newsletter-Reichweite, Resonanz auf Angebote und Rückmeldungen aus Sprechstunden, um Entwicklungen früh sichtbar zu machen.
Theorie trifft Praxis
Für die Studierenden war das Projekt eine besondere Erfahrung: „Besonders spannend war es, mit Senioren direkt ins Gespräch zu kommen und daraus konkrete Empfehlungen abzuleiten“, so das Team. Neben inhaltlichen Erkenntnissen habe man auch Kompetenzen in Analyse, Teamarbeit und Projektsteuerung gestärkt.
Das Projekt verdeutlicht, wie eng die FH Wedel Theorie und Praxis miteinander verbindet. Zugleich macht es deutlich, wie wichtig es ist, Städte auf eine älter werdende Gesellschaft vorzubereiten. Mit ihrem Konzept haben die Studierenden eine fundierte Grundlage geschaffen, auf der der Seniorenbeirat nun aufbauen kann - Schritt für Schritt, praxisnah und mit klarer Perspektive für die Zukunft der Seniorenarbeit in Wedel.
Foto (v.l.): Mehmet Küver, Marius Kramer, Wolfgang Meyer-Lomberg (Seniorenbeirat), Oliver Baumann, Jonas Kaiser, Davit Karapetian, Helmut Steinke (Seniorenbeirat), Prof. Gunnar Harms