Nische oder starke Marke?

Wie finden Online-Shops ihre Kunden?

Die Konzeption und der Betrieb von Online-Shops stehen im Fokus des Studiums E-Commerce. In jedem Wintersemester steht für die Bachelor-Studierenden des fünften oder sechsten Semesters in E-Commerce das Modul "Online-Plattform – Aufbau und Betrieb" auf dem Stundenplan. Bis dahin haben sie sich schon mit den Grundlagen des E-Commerce, Digital Marketing und Web-Technologien befasst. Höchste Zeit, sich einmal selbst im Aufbau eines Online-Shops auszuprobieren.

Von der Ideenfindung bis zum finalen Go-live haben die Studierenden genau 13 Wochen Zeit, wobei der Online-Shop bereits nach sechs Wochen als Minimum Viable Product, kurz MVP, also als erste funktionsfähige Version online gehen soll, um sie dann zu finalisieren. Ein ambitioniertes Programm, denn auch ein Praxispartner, der etwa vor einem Relaunch oder gar dem Einstieg in den Onlinehandel steht, muss eigenständig – in der Regel bereits in den Semesterferien – gefunden werden. Von der Akquisition über das Projektmanagement bis hin zum Web-Design und der Auswahl des Shopsystems machen die Studierenden also alles in Eigenregie. Einen besseren Praxistest mit wertvollen Referenzen für die weitere berufliche Entwicklung kann es kaum geben.

Zu Beginn des Wintersemesters im Oktober 2019 fanden sich rund 20 Studierende rund um Prof. Florian Schatz, Studiengangsleiter E-Commerce, zusammen. Sie bildeten insgesamt sieben Teams, die nun zum Semesterabschluss sieben reale Online-Plattformen präsentierten. Die Produkte und Branchen der Shops waren ebenso vielfältig wie die Herausforderungen, denen sich die Studierenden stellen mussten. Bei Captain Svenson geht es um Fair Fashion, MARTA PRESS ist ein Independent-Verlag mit einem Schwerpunkt auf gesellschaftskritischen Themen und Natascha Maas ist eine Künstlerin aus Hamburg, die ihre Aquarelle besser online präsentiert haben möchte. Längst überregional bekannt ist das Hamburger Mode-Label derbe, für das der B2B-Online-Shop einen Refresh brauchte. Weiter geht es mit Pflegeprodukten für Mensch und Tier auf Basis des japanischen Schnurbaums von Sofoxin. Die Maldonado Collection vertrieb ihre Schmuckstücke aus Peru bislang nur auf Weihnachtsmärkten und einen Shop rund um ein eigenes Produkt schufen drei Studenten mit dem Leadbook, einem hochwertigen Notizbuch in einem Umschlag aus Metall.

Während der Abschlusspräsentation waren die Studierenden sichtlich stolz auf ihre Leistungen und positiv gestimmt, auch was das Feedback ihrer Kunden anbelangte. Folgte man den Präsentationen, fielen viele Stichworte, die in der Welt des Onlinehandels dauerhaft von hoher Relevanz sind – egal ob Nischenprodukt für eine enge Zielgruppe oder bekannter Markenartikelhersteller. Einen wesentlichen Teil macht das Online-Marketing aus. So entwickelten die einzelnen Teams die zum Online-Shop passende Marketing-Strategie, befassten sich mit Content Marketing, SEO- und SEA-Maßnahmen und kreierten ein Storytelling beispielsweise in eigenen Blogs oder auch über Social Media Kanäle. Als Herausforderung wurde auch die technische Umsetzung empfunden, funktionierte etwa die Auslieferung der Webseite nicht optimal auf allen Endgeräten oder in allen Browsern. Das Team derbe brachte beispielsweise auch Vorschläge zur Erhöhung der Automatisierung ein und die gute Konfigurierbarkeit des zur Verfügung gestellten Backends war gleich für mehrere Kunden ein wichtiges Kriterium. Viel Detailarbeit steckt auch in der Produktbebilderung, wobei ansprechende Produktbilder von Käufern einerseits als selbstverständlich vorausgesetzt werden, andererseits aber oftmals kein Bewusstsein dafür vorhanden ist, welch mühevoller Prozess mit der Bebilderung verbunden ist. Wesentlich ist darüber hinaus auch eine intuitive Navigation sowie ein praktikables Shop-System, das zu kurzen Wegen für den Kunden im Bestellprozess führt.

"Die Lerneffekte im Modul "Online-Plattform" sind enorm. Die Studierenden durchlaufen quasi eine Reifeprüfung", kommentierte Schatz die Abschlusspräsentationen. "Zwar stehen den Teams erfahrene Projektmanager zur Seite, dennoch müssen sie ein komplexes Projekt selbstständig und eigenverantwortlich durchführen“, ergänzt er und strahlt „Mir macht diese Lehrveranstaltung immer ganz besonders viel Spaß, da es sehr spannend ist, zu sehen, was bei den Projekten herauskommt. Mehr Praxis geht kaum!“