CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz: ein Gesetz – unterschiedliche Interpretationen

Kirchhoff Consult, Warth & Klein Grant Thornton und FH Wedel veröffentlichen DAX-30-Studie.

Die Hamburger Agentur für Finanz- und Unternehmenskommunikation Kirchhoff Consult AG, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton AG und die Fachhochschule Wedel haben die erste Studie zur praktischen Ausgestaltung des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (CSR-RLUG) bei den DAX-30-Unternehmen durchgeführt. Dabei wurden alle 27 der DAX-30-Unternehmen betrachtet, deren Geschäftsjahr das Kalenderjahr 2017 ist und die damit bis Ende April 2018 verpflichtet waren, erstmalig nach dem CSR-RLUG eine nichtfinanzielle Erklärung (NFE) bzw. einen nichtfinanziellen Bericht (NFB) zu veröffentlichen.

  • Rund die Hälfte der Unternehmen platzieren die Pflichtangaben über nichtfinanzielle Informationen innerhalb des Geschäftsberichts bzw. Integrierten Berichts
  • Große Unterschiede beim Umfang nichtfinanzieller Erklärungen bzw. nichtfinanzieller Berichte: von 8 bis 93 PDF-Seiten
  • Nur ein Unternehmen hat ihre nichtfinanzielle Erklärung nicht inhaltlich durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen lassen

Unternehmen berichten in unterschiedlicher Form

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der gesetzliche Spielraum zur Verortung voll genutzt wird. Etwas mehr als die Hälfte der analysierten DAX-30-Unternehmen platzieren ihre NFE/ihren NFB innerhalb des Geschäftsberichts bzw. Integrierten Berichts. Vier davon platzieren die NFE als eigenes Kapitel im Lagebericht. Fünf weitere Unternehmen integrieren ihre NFE in den Lagebericht und sechs verorten ihren NFB außerhalb des Lageberichts als eigenständiges Kapitel. Zwölf DAX-30-Unternehmen machen von der Möglichkeit Gebrauch, ihren NFB außerhalb des Geschäftsberichts bzw. Integrierten Berichts zu veröffentlichen. Dabei veröffentlichen fünf der Unternehmen ihren NFB als separates PDF. Weitere sechs platzieren ihn innerhalb ihres Nachhaltigkeitsberichts. Ein Unternehmen gibt an, dass ihr gesamter Nachhaltigkeitsbericht der NFB ist.

Umfang der nichtfinanziellen Berichterstattung variiert stark

Um die inhaltlichen Anforderungen des CSR-RLUG zu erfüllen, berichten die analysierten DAX-30-Unternehmen in einem unterschiedlichen Umfang. Die Bandbreite der veröffentlichten NFEs/NFBs reicht von 8 bis 93 PDF-Seiten; der Median liegt bei 13,5 PDF-Seiten. Um eine bessere Vergleichbarkeit zwischen grafisch aufwendig gestalteten und stark textlastigen Publikationen herzustellen, lassen sich die Inhalte der untersuchten, in sich geschlossenen NFEs/NFBs auf Normseiten von 1.500 Zeichen pro Seite umrechnen. Dies ergibt bei den betrachteten 16 Unternehmen mit einer geschlossenen NFE/einem geschlossenen NFB einen Median von 37,5 Normseiten – in einer Spanne von 13 bis 191 Normseiten.

Der Grund für den unterschiedlichen Umfang der NFEs und NFBs liegt zum einen an den unterschiedlich detaillierten Ausführungen der Inhalte. Zum anderen auch daran, in wieweit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, auf andere Inhalte des Lageberichts zu verweisen, zum Beispiel auf die Beschreibung des Geschäftsmodells, eine Pflichtangabe nach dem CSR-RLUG. Die meisten der analysierten DAX-30-Unternehmen nutzen die Möglichkeit des Verweises, einige beschreiben das Geschäftsmodell nur kurz und verweisen ebenfalls auf den Lagebericht. Nur sieben verzichten gänzlich auf den Verweis und beschreiben das Geschäftsmodell vollständig im NFB.

Externe Prüfung der Pflichtangaben bevorzugt

Zwar zeigt sich bei den DAX-30-Unternehmen eine große Bandbreite hinsichtlich des Umfangs ihrer  nichtfinanziellen Pflichtangaben. Bezüglich der inhaltlichen Prüfung herrscht aber weitgehend Einigkeit: 26 der analysierten 27 Unternehmen lassen ihre NFE/NFB freiwillig von einem Wirtschaftsprüfer inhaltlich prüfen. Drei der DAX-30-Unternehmen lassen den Wirtschaftsprüfer sogar mit hinreichender Sicherheit prüfen, mit einem positiv formulierten Prüfungsurteil und umfangreichen Prüfungshandlungen. Der Rest wählt – wie bisher üblich für die Unternehmen, die ihre CSR-Berichterstattung überhaupt prüfen lassen – eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit.

Fazit

Die Ergebnisse fassen die seitens der FH Wedel an der Studie federführend Beteiligten, Prof. Dr. Stefan C. Weber, Professor für Accounting & Auditing, und Prof. Dr. Alexander Fischer, Professor für Marketing & Medien wie folgt zusammen: „Primär bedingt durch die zahlreichen gesetzgeberischen Wahlrechte im Rahmen des CSR-RLUG und deren unternehmensseitige Inanspruchnahme, ist die nichtfinanzielle Berichterstattung der DAX-30-Unternehmen im ersten Berichtsturnus erwartungsgemäß sehr heterogen ausgefallen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aspekte Verortung und Umfang der Berichterstattung. Es ist zwar zu erwarten, dass sich in den nächsten zwei bis drei Jahren auch in diesem Bereich eine Art Best Practice herausbilden wird. Diese wird sich jedoch voraussichtlich auf Teilaspekte beschränken. Wird zudem berücksichtigt, dass mit dem CSR-RLUG lediglich eine Teilmenge der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder Integrierten Berichterstattung normiert wurde und dass im Übrigen geltende Soft Law (GRI-Standards, IIRC-Rahmenkonzept) von Objektivierungsproblemen geprägt ist, so wird auch in Zukunft von einer heterogenen nichtfinanziellen Berichterstattung auszugehen sein. Dies bietet den DAX-30-Unternehmen aus der Perspektive des Investor Relations Marketings gleichzeitig die Möglichkeit, durch eine umfassende und strukturierte nichtfinanzielle Berichterstattung einen wesentlichen Beitrag zu ihrem Markenwert zu leisten.”

Hintergrund zum CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz

Das im März 2017 in Deutschland verabschiedete CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz verpflichtet große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitern dazu, über wesentliche nichtfinanzielle Belange Auskunft zu geben. Die Berichterstattung ist erstmalig für Geschäftsjahre erforderlich, die nach dem 31. Dezember 2016 begonnen haben. Sie umfasst Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

Download der Studie